Mittwoch, 13. Oktober 2010

Anwaltliche Vertretung ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren erforderlich

Der Rechtsstandpunkt, eine anwaltliche Vertretung sei im sozialgerichtlichen Verfahren nicht erforderlich, ist nach einem Beschluss des LSG Bayern (vom 28.06.2010 - L 9 AL 140/09 B PKH, BeckRS 2010, 73560) überholt und nicht mehr vertretbar.

Das vorinstanzliche SG München hatte noch - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerfG(Beschluss vom 22.01.1959 - 1 BvR 154/55, NJW 1959, 715) - die Bewilligung von PKH abgelehnt. Danach sei der Ausschluss der Anwaltsbeiordnung in den unteren Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit "durch die Besonderheiten des vergleichsweisen klaren Streitstoffes, durch die fürsorgerische Stellung des Parteigegners und durch die Gesamtkonstruktion des Verfahrens aufgewogen worden". Wer je in einem - selbst einfach gelagerten Fall - im Sozialrecht tätig war, kann von "vergleichsweise klarem Streitstoff" und der "fürsorgerischen Stellung des Parteigegners" nur vom Hörensagen berichten. Oft ist schon vollkommen unklar, welche Fassung der streitigen Norm überhaupt gilt, die Kommentarliteratur hat ungeahnte Ausmaße erreicht, weil die Gesetze handwerklich immer schlechter werden und Parteigegner, die eine fürsorgerische Stellung einnehmen, sind mir neu.

Schön, dass das bayerische LSG den Kollegen vom Münchner SG einen dezenten Hinweis gibt, dass die Rechtslage sich verändern kann, auch wenn das BVerfG sich vor gefühlten 100 Jahren zum Thema schon einmal geäußert hat. Manchmal ist eigenes Denken eben doch ertragreicher als blindwütiges Zitieren.

Zutreffender Maßstab für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nach Ansicht des LSG daher ausschließlich, dass diese ein bedürftiger Beteiligter erhalte, soweit die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder – verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine. Nicht mehr und nicht weniger....

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