Dienstag, 9. November 2010

Grenzen richterlicher Einigungsversuche

In gerichtlichen Verfahren sollen Parteien und Gericht darauf hinwirken, möglichst zu einer gütlichen Einigung zu kommen. Das sorgt für Rechtsfrieden (theoretisch und sicher selten) und für eine Entlastung der Justiz (praktisch und garantiert, weil das Gericht kein Urteil verfassen muss). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun in einer gerade veröffentlichten Entscheidung (Urteil vom 12.5.2010 - 2 AZR 544/08, BeckRS 2010, 74221) einem Richter seine Grenzen aufzeigen müssen:

Es kann nämlich vorkommen, dass Parteien nicht wirklich vergleichsbereit sind. Das kann daran liegen, dass sie gerne streiten oder aber einfach ganz banal das Gefühl haben, im Recht zu sein und nicht wirklich einsehen wollen, warum sie denn nun eigentlich nachgeben sollen. Richter haben sich in ihrer langjährigen Erfahrung Strategien bereit gelegt, Parteien sanft aber direkt in Richtung Vergleich zu schieben. Ein probates Mittel in der arbeitsgerichtlichen Güteverhandlung ist der Griff des Richters zum Terminkalender zur Terminierung der streitigen Termins, der viele Monate später liegt und so die Parteien lange Zeit im Ungewissen belässt. Auch Hinweise des Richters wie "Ich könnte mir vorstellen, dass Sie mit dieser Meinung nicht wirklich vorankommen werden" sind ein gutes Mittel.

Gibt es Parteien, die dann immer noch hartnäckig darauf drängen, dass sie "ihr Recht" bekommen, werden dann auch mal die harten Bandagen ausgepackt. Im vom BAG entschiedenen Fall äußerte der Richter z.B. „Seien sie vernünftig. Sonst müssen wir Sie zum Vergleich prügeln“ oder „Sie werden sonst an die Wand gestellt und erschossen“. Das überschreitet die Grenzen nicht nur des guten Geschmacks sondern vor allem der Rechtsstaatlichkeit und macht, so das BAG, den so erzwungenen Vergleich wegen widerechtlicher Drohung anfechtbar.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

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