Dienstag, 28. September 2010

16.000 SMS

Die Diskussion um die arbeitsrechtliche Kündigung wegen so genannter "Bagatelldelikte" flammt immer dann wieder auf, wenn die Presse, vornehmlich eine bekannte Vierbuchstabenzeitung, einen himmelschreienden Fall von Ungerechtigkeit auftut. Die Liste ist ja bekanntlich lang: Maultaschen, Pfandgutscheine, Wurstsemmeln, Fleischbällchen vom Buffet, geringe Strommengen zum Beladen von Akkus, abgelaufene Lebensmittel usw. animieren immer wieder dazu, es "den Juristen" mal wieder ganz deutlich zu sagen, wie unfair und ungerecht sie doch sind, weil man so einen armen kleinen Sünder so hart straft und die bösen Großverbrecher doch dafür alle laufen lässt. Für differenzierte Betrachtungsweisen ist in der Vierbuchstabenzeitung wahrlich kein Raum, in so manchem ernstzunehmende Magazin hätte man sie dann doch erwartet.

Das ArbG Frankfurt hat nun in einem Urteil vom 24.09.2010 (Az.: 24 Ca 1697/10; hier der ausführlichere Bericht dazu) eine Kündigung für unwirksam erklärt, die der Arbeitgeber ausgesprochen hatte, weil ein Arbeitnehmer von seinem dienstlichen Handy aus über 16.000 private SMS (wie ist eigentlich der Plural von SMS?? SMessen?) verschickt hat. Weniger deswegen, weil die Richterin das als eine unbeachtliche Bagatelle angesehen hat, als deswegen weil der Arbeitgeber dem Treiben 22 Monate zugesehen hatte (!), ohne zu reagieren. Die Rechtsfrage ist damit geklärt, das Ganze natürlich kein Thema für die Vierbuchstabenzeitung, weil selbst die dort tätigen Journalisten keine Interpretation dieses Sachverhalts finden könnten, die diesen Schlawiner in einem Licht zarter Unschuld erscheinen lassen könnte.

Trotzdem wirft dieses Urteil bei mir schon die Frage auf, wie es mit dem Unrechtsbewusstsein mancher unserer Mitbürger so bestellt ist. Das hier betroffene Unternehmen hatte laut Bericht bei 65 Mitarbeitern die Handyrechnungen beanstandet und etwa 20 wegen entsprechender Vorfälle entlassen. Es handelt sich also nicht nur um einen kleinen Ausreißer....

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